Sind die Muslime Blitzableiter in der Laizismus-Debatte?
Publiziert in der NZZ am 7.9.2018, https://www.nzz.ch/meinung/sind-die-muslime-blitzableiter-in-der-laizismus-debatte-ld.1407625
Die SP reibt sich an der Debatte bezüglich der staatlichen Anerkennung islamischer Gemeinschaften. So führt die SP-Führung eine Integrationsdebatte mit dem Ziel, die zweitgrösste Religionsgemeinschaft der Schweiz, die islamische, genau wie die christliche und jüdische enger an den Staat zu binden und somit institutionell stärker zu integrieren. Die in der Gruppe «Integra Universell» versammelten Dissidenten andererseits führen eine Laizismusdebatte bezüglich der Frage der Anerkennung generell. Das Erstreben eines staatlichen Gütesiegels würde es uns Muslimen erlauben, unsere Demokratietauglichkeit, unsere Transparenz und unser staatsbürgerliches Engagement für die Gesellschaft unter Beweis zu stellen, und macht somit gesamtgesellschaftlich Sinn.
Zusätzlich würde dies auch jenen Kräften den Wind aus den Segeln nehmen, die uns als demokratieuntauglich und freiheitsfeindlich diffamieren, was wahrscheinlich auch zu weiten Teilen deren Opposition erklärt. Was nun die Laizismusdebatte angeht, sind die Meinungen der Muslime natürlich genau so vielfältig wie im Rest der Gesellschaft. Fest steht einzig, dass die Gleichberechtigung gewahrt bleiben soll. Diesen Beweis bleibt uns «Integra Universell» noch schuldig. Konkret engagieren sich ihre Vertreter für Ergebnissoffenheit in der Diskussion zur staatlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften im Allgemeinen, jedoch zum Vornherein ablehnend bezüglich der Anerkennung islamischer Gemeinschaften.
Im Grundlagenpapier der Gruppe finden sich etliche Passagen und Kapitel spezifisch zu Muslimen, praktisch ausschliesslich in negativem Kontext; andererseits aber nur genau zwei Erwähnungen anderer Gemeinschaften, der «Evangelikalen» und der «jüdischen Menschen», beide Male im positiven Sinne. Eine Reihe von Forderungen werden ausschliesslich an Muslime gestellt, zum Beispiel bezüglich Beziehungen mit dem Ausland oder einer Entmündigung unserer Gemeinschaft für die «Lizenzierung» unserer eigenen Imame. Die Aussage des Dokuments, die Diskussion müsse grundsätzlich unabhängig vom Islam geführt werden, wirkt dabei ausserordentlich ironisch. Sind wir der Blitzableiter in der Laizismusdebatte?
Die staatliche Anerkennung islamischer Gemeinschaften entspricht durchaus sozialistischen Grundwerten. So haben Kirchen, die den Vorgaben einer Anerkennung nicht entsprachen, neue demokratische Strukturen aufgebaut, die durch Wahlen den Zugang von Frauen in die höchsten kirchlichen Ämter erlauben. Mehr Anerkennung heisst auch mehr Demokratie und mehr Gleichberechtigung. Die gegenwärtige Situation entspricht einer Dominanzstruktur. Anerkannte Gemeinschaften haben Zugang zu politischem, symbolischem und finanziellem Kapital, die anderen sind davon ausgeschlossen.
So zahlen muslimische Bürger über die Steuern jährlich zweistellige Millionenbeträge an anerkannte Kirchen, während sich ihre eigenen Verbände kaum ein Sekretariat leisten können – und dies trotz der hohen Erwartungen, welche die Gesellschaft an sie richtet. Was nun die soziale Integration von Individuuen betrifft, so ist diese ein nützlicher Zusatzeffekt einer staatlichen Anerkennung. Die Zusammenarbeit mit den Behörden, gemeinsamen Projekte, über die Moscheen auf die Gemeinden heruntergebrochene Erwartungen des Rechtsstaats sowie die Einbindung in die lokalen Strukturen verstärken und verschnellern die soziale Integration von Individuen.
Für «Integra Universell» sollen Muslime als Bürger und nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit integriert werden. Jedoch schliesst das eine das andere nicht aus, im Gegenteil: Beide Ansätze wirken integrationsfördernd. Man muss sogar feststellen, dass die Nichtanerkennung integrationshemmend wirkt, weil man nämlich den Muslimen sagt: «Die Christen, die Juden und die Anderen dürfen sich anerkennen lassen, ihr jedoch, ihr müsst draussen bleiben.»
Die SP reibt sich an der Debatte bezüglich der staatlichen Anerkennung islamischer Gemeinschaften. So führt die SP-Führung eine Integrationsdebatte mit dem Ziel, die zweitgrösste Religionsgemeinschaft der Schweiz, die islamische, genau wie die christliche und jüdische enger an den Staat zu binden und somit institutionell stärker zu integrieren. Die in der Gruppe «Integra Universell» versammelten Dissidenten andererseits führen eine Laizismusdebatte bezüglich der Frage der Anerkennung generell. Das Erstreben eines staatlichen Gütesiegels würde es uns Muslimen erlauben, unsere Demokratietauglichkeit, unsere Transparenz und unser staatsbürgerliches Engagement für die Gesellschaft unter Beweis zu stellen, und macht somit gesamtgesellschaftlich Sinn.
Zusätzlich würde dies auch jenen Kräften den Wind aus den Segeln nehmen, die uns als demokratieuntauglich und freiheitsfeindlich diffamieren, was wahrscheinlich auch zu weiten Teilen deren Opposition erklärt. Was nun die Laizismusdebatte angeht, sind die Meinungen der Muslime natürlich genau so vielfältig wie im Rest der Gesellschaft. Fest steht einzig, dass die Gleichberechtigung gewahrt bleiben soll. Diesen Beweis bleibt uns «Integra Universell» noch schuldig. Konkret engagieren sich ihre Vertreter für Ergebnissoffenheit in der Diskussion zur staatlichen Anerkennung von Religionsgemeinschaften im Allgemeinen, jedoch zum Vornherein ablehnend bezüglich der Anerkennung islamischer Gemeinschaften.
Im Grundlagenpapier der Gruppe finden sich etliche Passagen und Kapitel spezifisch zu Muslimen, praktisch ausschliesslich in negativem Kontext; andererseits aber nur genau zwei Erwähnungen anderer Gemeinschaften, der «Evangelikalen» und der «jüdischen Menschen», beide Male im positiven Sinne. Eine Reihe von Forderungen werden ausschliesslich an Muslime gestellt, zum Beispiel bezüglich Beziehungen mit dem Ausland oder einer Entmündigung unserer Gemeinschaft für die «Lizenzierung» unserer eigenen Imame. Die Aussage des Dokuments, die Diskussion müsse grundsätzlich unabhängig vom Islam geführt werden, wirkt dabei ausserordentlich ironisch. Sind wir der Blitzableiter in der Laizismusdebatte?
Die staatliche Anerkennung islamischer Gemeinschaften entspricht durchaus sozialistischen Grundwerten. So haben Kirchen, die den Vorgaben einer Anerkennung nicht entsprachen, neue demokratische Strukturen aufgebaut, die durch Wahlen den Zugang von Frauen in die höchsten kirchlichen Ämter erlauben. Mehr Anerkennung heisst auch mehr Demokratie und mehr Gleichberechtigung. Die gegenwärtige Situation entspricht einer Dominanzstruktur. Anerkannte Gemeinschaften haben Zugang zu politischem, symbolischem und finanziellem Kapital, die anderen sind davon ausgeschlossen.
So zahlen muslimische Bürger über die Steuern jährlich zweistellige Millionenbeträge an anerkannte Kirchen, während sich ihre eigenen Verbände kaum ein Sekretariat leisten können – und dies trotz der hohen Erwartungen, welche die Gesellschaft an sie richtet. Was nun die soziale Integration von Individuuen betrifft, so ist diese ein nützlicher Zusatzeffekt einer staatlichen Anerkennung. Die Zusammenarbeit mit den Behörden, gemeinsamen Projekte, über die Moscheen auf die Gemeinden heruntergebrochene Erwartungen des Rechtsstaats sowie die Einbindung in die lokalen Strukturen verstärken und verschnellern die soziale Integration von Individuen.
Für «Integra Universell» sollen Muslime als Bürger und nicht aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit integriert werden. Jedoch schliesst das eine das andere nicht aus, im Gegenteil: Beide Ansätze wirken integrationsfördernd. Man muss sogar feststellen, dass die Nichtanerkennung integrationshemmend wirkt, weil man nämlich den Muslimen sagt: «Die Christen, die Juden und die Anderen dürfen sich anerkennen lassen, ihr jedoch, ihr müsst draussen bleiben.»
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